DAF XD und XF Electric

Fahrvorstellung: DAF startet ins Elektro-Zeitalter

von | 17. September 2025

Anfang Dezember 2025 soll in Eindhoven der Startschuss für die neuen DAF XD und XF Electric fallen. Bei den schweren BEV setzen die Niederländer auf gekoppelte Triebstränge und modulare LFP-Batterien mit bis zu 525 kWh.
Bild: DAF

Die XD und XF Electric gibt´s als 4x2-Sattelzugmaschinen sowie 4x2- und 6x2-Fahrgestelle, das Angebot soll aber noch wachsen.

Kein Auspuff und dezente blaue Zierstreifen im Kühlergrill und an den Scheinwerfern: Mehr unterscheidet die schweren batterieelektrischen DAF XD und XF Electric auf den ersten Blick nicht von ihren Dieselkollegen. Für die finale Serienreife, nach abgeschlossener interner Erprobung und Kunden-Feldtests, ist noch ein umfassendes Software-update geplant, bevor die Serienproduktion in der ersten Dezemberwoche 2025 in Eindhoven starten soll (die leichten und mittelschweren XB Electric steuert das britische Werk in Leyland bei).

Bevor die ersten XD und XF Electric auf der neuen Montagelinie vom Band laufen, lud DAF Trucks Anfang September zu Probefahrten mit einer Reihe von Vorserienfahrzeugen ein. Aufgeboten waren zwei- und dreiachsige Fahrgestelle und Sattelzugmaschinen, womit auch das Gesamtprogramm abgedeckt ist: Beide Baureihen gibt es als 4×2-Sattelzugmaschinen und -Fahrgestelle sowie 6×2-Chassis mit Nachlaufachse, speziell den XD auch als 6×2-Fahrgestell mit Vorlaufachse. Weitere Achskonfigurationen sollen im Jahresverlauf 2026 folgen.

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Cockpit und digitale Instrumente sind in den XD- und höher montierten XF-Häusern weitgehend identisch.

Die technisch möglichen Gesamtzuggewichte gibt DAF mit bis zu 50 Tonnen an, die Regel dürften aber maximal 42 Tonnen inklusive der üblichen 2 Tonnen Elektro-Bonus seitens des Gesetzgebers sein. Apropos Zuggewicht: Für den Anhängerbetrieb rüstet DAF die XD und XF Electric mit einem Brake Resistor aus, also einem Bremswiderstand mit eigenem Kühlkreislauf (gern schlicht „Wasserkocher“ genannt). Damit steht die volle Bremsleistung der E-Motoren beziehungsweise -Generatoren auch dann zur Verfügung, wenn bei vollen Batterien die rückgewonnene Energie nicht eingespeist werden kann – andere Hersteller, etwa MAN, setzen im Zweifelsfall auf einen ausreichenden Puffer beim Ladevorgang. Der unabhängige Bremswiderstand kostet zwar zusätzliches Gewicht (und Geld), hat aber einen großen (Sicherheits-)Vorteil: Die Batterien können immer voll geladen werden, selbst wenn es direkt im Anschluss auf Talfahrt geht.

Die Betriebsbremsen werden ebenfalls entlastet, wie die erste Probefahrt am Morgen zeigt: In einem voll geladenen XD 220 FAG Electric, ausgelegt als 6×2-Müllsammler mit gelenkter Vorlaufachse (und als Solowagen ohne Brake Resistor), steht die Motorbremse auf den ersten Metern nicht zur Verfügung: Beim Antippen des Bremshebels werden im Display alle drei Stufen (ca. 33, 66 und 100 Prozent) gelb somit inaktiv angezeigt. Erst mit abnehmender Batterieladung wechselt die Anzeige der Bremsstufen nach und nach auf grün – die anfallende Rekuperationsleistung kann also wieder in die Batterien fließen. Bei den anschließenden Fahrten mit XD- und XF-Sattelzügen, ausgestattet mit Brake Resistor, erübrigt sich das Thema.

Der Fahrer ist der Chef im Ring

Ob nun mit oder Brake Resistor: Gleich die maximale Stufe 3 abzurufen, geht nicht – am Wipphebel wird immer stufenweise durchgetippt. In der Nullstellung des Hebels ist beim Lösen des Fahrpedals freies Rollen angesagt, ansonsten wird gemäß der eingelegten Stufe bis hin zum Ein-Pedal-Modus gebremst. Das eigentliche Bremspedal ist den Betriebsbremsen vorbehalten, ein automatisches Brake Blending findet nicht statt.

Überhaupt ist bei DAF der Fahrer in der Pflicht: Anders als die meisten Wettbewerber setzen die Niederländer daher auch nicht auf voreingestellte Fahrprogramme à la Range, Economy und Power. Getreu der alten DAF-Devise, dass ein geübter Fahrer schon selbst weiß, was er tut, belassen es die Niederländer bei der Wahl aus Eco-ON und Eco-OFF. Auch bei niedrigem Batteriestatus greift nicht automatisch irgendein Sparprogramm ein, sondern es ist am Fahrer, vor der nächsten Ladesäule vielleicht vorsichtshalber den ein oder anderen Nebenverbraucher auszuschalten oder zumindest die Heizung runterzudrehen.

Aufschluss über Ladezustand, Momentan- und Durchschnittsverbrauch, geschätzte Reichweite sowie den Stromfluss (blaues Leuchtband bei Verbrauch, grünes bei Rekuperation) gibt das an die E-Varianten angepasste Display. Instrumente und Cockpit sind in XD und XF übrigens weitgehend identisch, markantester Unterschied ist die Montagelage: Nur zwei Stufen führen in die tief montierten XD-Häuser, derer drei sind es bei den XF-Kabinen.

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Bei den Sattelzugmaschinen bedeuten fünf LFP-Batteriepakete mit zusammen 525 kWh das Maximum.

Die verfügbaren Assistenz- und Sicherheitssysteme entsprechen den Baureihen mit Verbrenner, inklusive vorausschauendem GPS-Tempomat, aber auch noch mit konventioneller Lenkung und statischem Spurwächter. Den Punkt einer elektrisch unterstützten Hydrolenkung wird DAF aber ohnehin überspringen und für künftige Gesetzesanforderungen mit aktiv zurücklenkendem Spurassistent auf eine vollelektrische Lenkung setzen. Die Erprobung in den Diesel-Baureihen läuft derzeit, nach Markteinführung werden die Systeme dann auch in die E-Modelle Einzug halten.

Als Antriebseinheiten für die XD und XF Electric stehen die Systeme Paccar EX-D1 und Paccar EX-D2 mit Leistungen von 170 bis 350 kW zur Wahl. Charakteristisch sind jeweils zwei E-Motoren und ein integriertes Dreigang-Planetengetriebe, mit dem es auf den ersten Probefahrten geschmeidig und ruckfrei zur Sache geht – den ein oder anderen unfreiwilligen Kavalierstart beim kaum gezügelten Anfahrdrehmoment der E-Fahrzeuge ausgenommen.

Der Planetensatz sorgt dafür, dass bei Teillast möglichst nur einer der beiden E-Motoren läuft. Der zweite wird erst bei höherer Leistungsanforderung zugeschaltet, sei es bergauf, beim Beschleunigen oder beim regenerativen Bremsen. Mit 170, 220 oder 270 kW ist die Antriebseinheit Paccar EX-D1 für den Soloeinsatz bis 29 Tonnen vorgesehen, wobei die maximale Bremsleistung 270 kW beträgt (für Motorwagen ohne Hänger okay). Im Fall Paccar EX-D2 lauten die Leistungsstufen 270, 310 oder 350 kW und die Bremsleistung klettert auf 350 kW – ein Wert, der sich zwischen die Motorbremsen der 11- und 13-Liter-Motoren Paccar MX-11 und MX-13 einsortiert und auch für Lastzüge taugt. Komplettiert werden die Antriebseinheiten mit Hinterachsen aus dem DAF-Standardbaukasten mit Übersetzungen von 2,05 bis 2,64 zu Eins.

Bis zu 5 LFP-Batteriepakete mit zusammen 525 kWh

Mit den Antriebssträngen kombinierbar sind zwei bis fünf Batteriepakete mit jeweils gut 700 Kilogramm Gewicht und 105 kWh Kapazität – in Summe 210 bis 525 kWh, womit DAF die Reichweite mit 200 bis über 500 Kilometer beziffert. Im Umkehrschluss gehen die Niederländer also einsatzabhängig von durchschnittlich von etwas über 100 kWh auf 100 Kilometer aus, was sich mit bisher seitens der Redaktion eingefahrenen Praxiswerten deckt.

DAF verwendet in allen E-Baureihen kobalt- und nickelfreie LFP-Batterien (Lithium-Eisenphosphat), wie beispielsweise auch Daimler beim eActros 600. Die von DAF genannten 210 bis 525 kWh verstehen sich als Bruttokapazität, die sich bei den LFP-Batterien aber fast vollständig (zu über 95 Prozent) nutzen lässt. Gegenüber NMC-Batterien (Nickel-Mangan-Kobalt) weisen LFP-Packs zwar eine geringere Energiedichte pro Kilogramm aus (bieten bei gleichem Gewicht also weniger Kapazität), haben aber Vorteile bezüglich thermischer Stabilität, kompakteren Abmessungen und einer höheren Anzahl an Ladezyklen. Letzteres bedeutet schlicht eine längere Lebensdauer, weshalb DAF den LFP-Batterien auch acht Jahre Garantie mit auf den Weg gibt.

Geladen wird mit bis zu 325 kW Gleichstrom, ein MCS-Anschluss ist zumindest bis jetzt nicht vorgesehen. Im Gegensatz dazu ist optional ein Onboard-Ladegerät für Wechselstrom (bis 22 kW) erhältlich. Für Aufbauten wie beispielsweise Isokoffer mit elektrischer Kühlmaschine ist ein E-PTO mit 650 V (25 und 90 kW) im Angebot.

Bild: DAF

Zwei E-Motoren und Dreigang-Getriebe kombiniert DAF in den XD und XF Electric mit Standard-Hinterachsen.

Komplettiert wird das Elektroangebot von DAF durch den ausschließlich als Zweiachser erhältlichen XB Electric. In der Vorgänger-Generation LF Electric bereits seit 2021 auf dem Markt, steht die aktuelle Baureihe mit bis zu 19 Tonnen Gesamtgewicht, 190 kW Antriebsleistung und 282 kWh Batteriekapazität zur Verfügung.

Flankierend zu den E-Lkw bietet DAF zahlreiche Services an, seien es Finanzierungen, Fahrzeugkonfiguratoren, Fahrerschulungen, Ladestationen und Energiemanagementsysteme (über Paccar Power Solutions), Online-Plattformen fürs Fuhrparkmanagement (Paccar Connect) oder auchLkw-Navis mit den Standorten verfügbarer Ladestationen. Außerdem verfügen laut DAF mittlerweile alle Partnerbetriebe über mindestens eine öffentliche Ladestation.

Dass das Fernverkehrs-Flaggschiff XG in der Elektro-Riege außen vor bleibt, hat im Übrigen Methode: DAF schielt zwar auch auf den Regional- und nationalen Fernverkehr (vorrangig mit dem XF Electric), vor allem aber auf den Nahverkehr und die mittlere Meile. Bart Bosmans, Mitglied des DAF-Vorstands bringt es auf den Punkt: „Der Antriebsstrang und das Fahrzeugkonzept bilden eine perfekte Kombination, insbesondere für den intensiven Verteilerverkehr, auf den diese neuen elektrischen Lkw in erster Linie ausgelegt sind.“

weitere Informationen:
DAF Trucks: solide Zahlen, ehrgeizige Pläne
Paccar/DAF: Neue Sparte „Power Solutions“

Das DAF-Elektroangebot im Überblick
Serie XB Electric XD Electric XF Electric
Szm 4×2: bis 20,5 t GG 4×2: bis 20,5 t GG
Fahrgestelle 4×2: 12, 16 oder 19 t GG 4×2: bis 21,5 t GG
6×2: bis 29,0 t GG
6×2: bis 29,0 t GG
Fahrerhäuser kurz, mittellang
(Day Cab, Extended Day Cab)
kurz, lang, lang mit Hochdach
(Day Cab, Sleeper Cab, Sleeper High Cab)
lang, lang mit Hochdach
(Sleeper Cab, Sleeper High Cab)
E-Motoren * 12-Tonner: 120 kW
16-/19-Tonner: 190 kW
Szm: 270, 310 oder 350 kW
Fgst: 170, 220, 270, 310 oder 350 kW
270, 310 oder 350 kW
Batteriepakete (LFP) 141 kWh (nur 12-Tonner), 210 oder 282 kWh Szm: 315, 420 oder 525 kWh
Fgst: 210 (nur 4×2), 315, 420 oder 525 kWh
315, 420 oder 525 kWh
Laden 150 kW DC + 22 kW AC 150 kW DC (Serie)
150 kW DC + 22 kW AC
325 kW DC + 22 kW AC
150 kW DC (Serie)
150 kW DC + 22 kW AC
325 kW DC + 22 kW AC
E-PTO 25 kW DC
90 kW DC
25 kW DC
90 kW DC
25 kW DC
90 kW DC

* Antriebseinheiten:
XB Electric: Paccar EX-M1/M2: 120/190 kW mit 1.000/2.000 Nm Drehmoment (Spitze: 2.600/3.500 Nm); Direktantrieb
XD Electric: Paccar EX-D1: 170, 220 oder 270 kW mit jeweils 1.500 Nm Drehmoment; Dreiganggetriebe (Übersetzung 10,00 / 7,92 / 3,25 zu Eins)
XD/XF Electric: Paccar EX-D2: 270, 310 oder 350 kW mit jeweils 2.400 Nm Drehmoment; Dreiganggetriebe (Übersetzung 10,00 / 7,92 / 3,25 zu Eins)

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