Renault T 440 Sleeper Cab

Experten-Test Renault T 440: Da geht noch was

von | 1. November 2018

Mit Sleeper Cab und 440 PS rangiert der Renault T in der Kategorie „gehobener Flottenstandard“. Neben vielen gut gemachten Detaillösungen gibt es auch noch einiges an Verbesserungspotential – nicht zuletzt beim Image.
Foto: LZ Media

Mit dem durchzugstarken DTI 13 steht der Renault T 440 gut im Futter, lastet aber auch schwer auf der Waage.

Wer die Gegenwart verstehen will, muss die Vergangenheit kennen. Im Fall des Renault T muss man dafür gar nicht allzu weit zurückblicken. Die Franzosen stellten ihre aktuelle Fernverkehrsbaureihe erstmals im Jahr 2013 vor. Wörtlich hieß es damals: „Die neue Modellpalette verfolgt ein Ziel: den Kunden ein Werkzeug bereitzustellen, welches ihnen erlaubt, die Kosten im Griff zu haben.“ Das klingt nicht gerade nach geballter Emotion, und daran hat sich bis heute nicht allzu viel geändert.

Aktuelle Sondereditionen wie der „T High 1894“ in Anlehnung an die stolze Berliet-Geschichte lassen zwar eine sachte Kurskorrektur erkennen, aber dennoch: Das Image als nüchternes Arbeitstier haftet dem Renault T unverändert an. Mehr noch als für den T High mit Großraumkabine gilt das für den T Sleeper mit rund 25 Zentimeter niedrigerem Standardfahrerhaus. Der grundlegende Unterschied: Nur drei statt vier Einstiegsstufen, dafür ein 20 Zentimeter hoher Motortunnel statt ebenem Boden.

Foto: Renault Trucks

Ein Manko am sonst gut gemachten Arbeitsplatz ist der kleine Lenkrad-Verstellbereich.

Im Fall des T 440 Sleeper, der zum aktuellen Test antritt, arbeitet unterm Parkett der 12,8 Liter große Common-Rail-Sechszylinder DTI13 mit 440 PS. Als Alternativen sind 480 oder 520 PS aufgerufen. Damit füllt der Renault T weiterhin die Zwischenstufen, die sich beim baugleichen D13K im Volvo FH auftun: Der steht mit 420, 460, 500 oder 540 PS zur Wahl. Ob es künftig auch für den T die Turbocompound-Motoren D13TC geben wird, die seit Frühjahr 2019 für den FH im Angebot sind, war bis Redaktionsschluss Ende Juni nicht zu erfahren. Aber, zumindest ein Bonus für die Renault-Kunden: Anders als beim FH steht für den T Sleeper (nicht aber für den T High) auch der kleinere und fast drei Zentner leichtere D11K-Motor mit immerhin bis zu 460 PS zur Wahl – für gewichtsbewusste Kunden durchaus eine Überlegung wert.

Testwagen mit Vollluftfederung

Bei der Konfiguration des T 440 setzt Renault auf eine schon bei früheren Testwagen gewählte Mischung: Luftfederung an beiden Achsen, Vier-Punkt-luftgefedertes Fahrerhaus, 3,80 Meter Radstand, automatisiertes Optidriver-Getriebe, 2,47 zu Eins übersetzte Achse sowie 315/70er auf der Antriebs- und 385/55er auf der Vorderachse. Die beliebte äußere Sonnenblende bleibt beim „Optifuel“-Modell aber auf der Strecke, die Aerodynamik steht im Vordergrund. Das Spoilerpaket ist dafür wiederum sehr fahrerfreundlich ausgelegt, mit beidseitig einklappbaren Sideflaps und einem verstellbaren Dachspoiler ohne Kletterei: Das zugehörige Gestänge lässt sich an einer in Brusthöhe montierten Schiene in fünf Stellungen einrasten. Positiv fällt beim Blick an die Rückwand auch der solide Rohrbogen für die Anschlüsse auf.

Beifahrerseitig ist der Kompressor der Standklimaanlage montiert, der Verdampfer sitzt auf der Dachluke. Offenbar kann sich Volvo noch immer nicht dazu durchringen, die integrierte Standklimaanlage „I-Park Cool“ auch dem T zu spendieren. Verbrauchs- und gewichtsmäßig verzichtet Renault zudem auf den optionalen, gut 100 Kilogramm schweren Voith-Retarder. Die verstärkte Motorbremse Optibrake+ bringt es aber allein schon auf bis zu 520 Brems-PS. Rund 450 PS sind es bei knapp 2.000 Touren, wo die Nadel bei 90 km/h im 10. Gang hin zuckt – für die meisten Autobahngefälle mit wenigen Beibremsungen ausreichend. Das fällige Runterschalten übernimmt die Getriebesteuerung selbstständig, wobei das automatisierte Optidriver-Getriebe im Zusammenspiel mit dem vorausschauenden Tempomaten „Optivision“ generell einen guten Eindruck hinterlässt.

Foto: LZ Media

Die Instrumente prägt ein Stilmix mit Digitaltacho und klassischen Rundinstrumenten.

Auch der eher sparsame Einsatz des Optiroll genannten Freilaufs fügt sich ins positive Bild, mit einer Einschränkung: Die Aktivierung auch ohne Tempomat und selbst bei niedrigen Geschwindigkeiten, obwohl man zum kontrollierten Ausrollen lieber das Schleppmoment nutzen würde, sollte Renault überdenken.

Zum „Optifuel“-Paket des T 440 zählen ein auskuppelbarer Luftpresser, eine Lenkungspumpe mit variabler Förderleistung, eine automatische Motorabschaltung nach fünf Minuten im Leerlauf und die Getriebesteuerung „Fuel Eco“. Damit ist der Power-Modus deaktiviert und die Schaltstrategie am Berg nicht nur im zwölften Gang, sondern auch in den unteren Gängen auf Ziehenlassen ausgelegt. Beim Verbrauch reißt der T 440 aber dennoch keine Bäume aus, 35,6 Liter liegen in dieser Leistungsklasse gerade noch im Rahmen, gepaart immerhin mit einem vergleichsweise hohen Tempo – durchzugsstark und mit Stehvermögen am Berg gesegnet ist die 12,8-Liter-Maschine allemal.

Ergänzen muss man aber, dass es sich beim Testwagen noch um eine Euro 6c-Version handelt. Für Euro 6d-Modelle (seit Ende 2018 bestellbar, verpflichtend ab September 2019) verspricht Renault rund drei Prozent weniger Verbrauch. Neu sind im Wesentlichen ein überarbeitetes Abgasreinigungssystem mit optimierter AdBlue-Einspritzung sowie Updates für die Geschwindigkeitsregelung mit dem Optivison- Tempomat, jetzt unter anderem mit gespeicherten Kartendaten im Fahrzeug.

Näher an der Straße als im T High Sleeper

Weitere, für die nähere Zukunft zu erwartenden Neuheiten lassen sich am Versuchsträger „Optifuel Lab 3“ ablesen, der auf einem T Sleeper basiert und statt Spiegeln mit Kamerastummeln wie beim neuen Actros auftritt. Die Erprobung läuft über das Jahr 2019 hinweg, unter anderem mit einer vorausschauenden Kühlsystem-Regelung mit Optivision-Tempomat sowie weiteren gewichts- und verbrauchssenkenden Maßnahmen.

Dass sich die Abstimmung des Testwagens straffer anfühlt als bei einem identisch konfigurierten T High, geht allein auf das Konto der niedriger montierten Sleeper Cab. Bei Fahrwerk und Lenkung gibt es aber nichts zu meckern, Spurtreue und Handling sind einwandfrei. Bei gleicher Motordrehzahl ist es sogar leiser als im T High, was hauptsächlich an niedrigeren Windgeräuschen in der aerodynamisch günstigeren Kabine liegen dürfte. Den Kritikpunkt eines dürftigen Lenkrad-Verstellbereichs handelt sich aber auch der T Sleeper ein, zudem sitzt der Schalter dafür rechts hinterm Lenkrad ziemlich versteckt. Ein weiteres Manko: Durch die Montage eng an der A-Säule verdecken die Hauptspiegel beim Seitenblick ein relativ großes Sichtfeld, außerdem flattern die Spiegel leicht.

Foto: Renault Trucks

Gut gemacht: Leiter zur oberen Liege, unten an der Rückwand eine Kabelfernbedienung (Innenbeleuchtung, Radio, Telefon, Standheizung, Klimaanlage, Türverriegelung, Fensterheber und Dachluke).

Die Maxispace-Version mit großem Klapptisch an der Rückwand steht zwar nur für den T High zur Wahl, ansonsten sind die Inneneinrichtungen weitgehend identisch. Gleichstand herrscht zum Beispiel beim gut gemachten Schlafabteil, inklusive Gasfedern am (ausziehbaren) unteren Bett, Kabelfernbedienung an der Rückwand und Klappleiter zur oberen Liege, die sich mit hochgeklapptem Vorderteil auch als Stauraum nutzen lässt. Für das Modelljahr 2019 hat Renault zudem neue Interieurs im Angebot, unter anderem mit Armaturenbrett und Türverkleidungen in Carbon-Optik, Polsterung aus schwarzem Leder und grauem Dachhimmel. Außerdem gibt es den Kühlergrill und die Spiegelgehäuse nun auch in zwei separaten Lackierungen, schwarz glänzend oder orange-metallic. Sieht also ganz so aus, also ob die Image-Pflege beim T eine völlig neue Priorität besitzt.

Messwerte und Daten
Dieselverbrauch l/100 km
Gesamte Strecke: 35,6
Schwere Teilstücke: 40,3
Leichte Teilstücke: 30,9
Volllast (5 % Steigung): k.A. (Baustelle)
Teillast (bei 85 km/h): k.A. (Baustelle)
Geschwindigkeit km/h
Gesamte Strecke: 81,3
Schwere Teilstücke: 79,6
Leichte Teilstücke: 83,2
Volllast (5 % Steigung): k.A. (Baustelle)
AdBlue (l/100 km): 3,01 (8,44 % vom Diesel)
steigungsbedingte Schaltungen: 34
Innengeräusch Ebene (85 km/h): 63,0 dB(A)
Innengeräusch max. (Steigung): 65,5 dB(A)
Fahrgestell/Gewicht
Bereifung vorn/hinten: 385/55 R 22,5 / 315/70 R 22,5
Reserverad j/n: n
Tankgröße Diesel: 750 Liter
Tankgroße AdBlue: 60 Liter
Federung: Vollluft (hinten Zwei-Balg-Luft)
Rahmenstärke: k.A.
Radstand: 3.800 mm
Retarder j/n: n
Leergewicht vollgetankt, mit Fahrer: 7.955 kg
Testgewicht: 39.750 kg
Motor
Reihensechszylinder (Renault DTI 13) mit Turboaufladung und Ladeluftkühlung, einteiliger Zylinderkopf, vier Ventile pro Zylinder, Common-Rail-Einspritzung
Abgasnorm: Euro 6c
SCR j/n: j
AGR j/n: j
Bohrung: 131 mm
Hub: 158 mm
Hubraum: 12.777 ccm
Leistung: 323 kW (439 PS) bei 1.400 bis 1.800/min
Max. Drehmoment: 2.200 Nm bei 990 bis 1.400/min
Motorbremse: 382 kW bei 2.300/min
Getriebe/Achse
Optidriver AT 2412 F (Volvo I-Shift); automatisiertes Zwölfgang-Getriebe, Direktgangausführung
Übersetzung HA: 2,47
U/min bei 85 km/h (größter Gang): 1.134
Fahrerhaus
Renault T Sleeper Cab, Vier-Punkt-Luftfederung
Außenbreite/-länge: 2.350-2.464/2.309 mm
Einstiegsstufen: 3
Einstiegshöhe: 1.430 mm
Scheibe/Rückwand: 2.050 mm
Innenhöhe vor Sitz: 2.035 mm
Innenhöhe Mitte: 1.840 mm

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