Experten-Test Volvo FH500: Leichter Luxus-Liner
Beim Thema Fernverkehr verfolgt Volvo eine klare Linie: Der 12,8-Liter-Motor D13 mit 420 bis 540 PS im FH oder die bis zu 750 PS starke 16,1-Liter-Maschine im FH16, drunter machen es die Schweden nicht. Es sei denn, man greift zum deutlich kleineren Volvo FM, für den auch der 10,8 Liter große D11 zur Wahl steht. Die Frage, warum im FH nicht ebenfalls der D11 zu haben ist, immerhin bis zu 450 PS stark und drei Zentner leichter als der D13, kontern die Schweden eindrucksvoll mit einer Leichtbau- Ausführung ihres Flaggschiffs: Im Test als FH500 Globetrotter XL, ausgestattet unter anderem mit neuer, gewichtsoptimierter Hinterachsaufhängung. Und siehe da: Trotz üppiger Ausstattung unterbietet die Zugmaschine die 7,5-Tonnen-Marke mit nur rund 7.320 Kilogramm deutlich – gewogen mit Fahrer, 400 Liter Diesel und 60 Liter AdBlue.
Der D13 hat in den 500- und 540-PS-Versionen mit der Umstellung von Pumpe-Düse auf Common-Rail rund 32 Kilogramm abgespeckt: mit neuen Kolben und Kurbelwellenlagerungen, geschraubten Nockenwellen und neue Turboladern. Geblieben ist eine ungekühlte Abgasrückführung, was sich folgerichtig beim Nachtanken zeigt: Mit durchschnittlich 34,6 Liter geht der 500er für seine Leistungsklasse ziemlich sparsam mit dem Diesel um, die zusätzlichen 3,2 Liter AdBlue liegen aber auf dem Niveau von „SCR-only“-Motoren, die komplett auf Abgasrückführung verzichten und dafür beim Dieselverbrauch noch etwas besser abschneiden.
Mit Retarder und verstärktem Motorbremssystem VEB+, basierend auf Abgasdruckregler und Kompressionsbremse, summiert sich die maximale Bremsleistung auf über 1.120 PS – lange Gefällstrecken sind wahrlich kein Thema. Im von Volvo empfohlenen „Ecolevel 3“ lässt es die Elektronik vom Durchschnittstempo her zwar ziemlich gemütlich angehen, dafür ist das Zusammenwirken von I-Shift-Getriebe, vorausschauendem Tempomaten und „I-Roll“-Freilauf mittlerweile ohne Fehl und Tadel. Insbesondere spürt man rund um den Freilauf das Aus- und Einkuppeln kaum – mit dem Standard-I-Shift wohlgemerkt, also ohne Doppelkupplungsgetriebe, das nach wie vor nur in Overdrive-Ausführung zu haben ist.
Bei der Streckenvorausschau ist auch kein Unterschied mehr zu kartenbasierten Lösungen erkennbar, das System ist jederzeit Herr der Lage. Volvo setzt bei seinem „I-See“-Tempomaten ja auf eine Art „Cloud-Lösung“ mit gesammelten Streckenprofilen in einer zentralen Datenbank.
Auf der Langstrecke empfiehlt es sich generell, den Motorbremshebel in der ersten, mit „A“ gekennzeichneten Stufe zu belassen. Der Freilauf ist dann mit und ohne Tempomat aktiv, das Fahrzeug greift kontinuierlich auf die I-See-Cloud zu (sonst nur auf den internen und längst nicht so umfangreichen Speicher) und die Dauerbremsen liegen mit auf dem Bremspedal. Die folgende Hebelstellung „0“ empfiehlt sich fast nur in Situationen, in denen der Freilauf eher nervig sein kann, zum Beispiel auf kurviger Landstraße oder im Stadtverkehr
Die Federung mit Zwei-Blatt-Federn an der Vorderachse und Vier-Balg-Luftfederung hinten ist absolut ausgereift, der FH zieht enorm spurstabil seine Bahn. In Kombination damit erweist sich einmal mehr die vorne schrauben- und nur hinten luftgefederte Kabinenlagerung als erste Wahl, das Fahrgefühl auf der kurvenreichen Handlingstrecke macht einfach nur Laune. Ein Gutteil ist auch das Verdienst des VDS-Lenksystems (Volvo Dynamic Steering) – bei langsamer Fahrt buchstäblich mit einem Finger zu bedienen und insgesamt sehr direkt und unempfindlich gegen Fahrbahnstöße. Perfekte Ergänzung ist die doppelte Lenkradverstellung, mit der sich das Steuer nahezu senkrecht stellen lässt. Die ist aber nicht Serie, sondern einzeln oder in einem der diversen Pakete zu bestellen.
Empfehlenswert ist die Variante „Fahrerkomfort ++“, die unter anderem auch die elektronisch gesteuerte Klimaanlage mit Sonnensensor beinhaltet. Ein paar weitere Scheinchen sollte die vollständig integrierte Standklimaanlage „I-Park Cool“ wert sein. Der Steckbrief des Globetrotter XL: drei Einstiegsstufen, neun Zentimeter hoher Motortunnel und über zwei Meter Innenhöhe. Der Armaturenträger dürfte mittig etwas weniger ausladend sein, zumal es obendrauf sowieso keine große Ablage gibt, aber sonst herrscht an Platz und Stauraum kein Mangel. Für die Innenreinrichtung sind zahlreiche Wahlmöglichkeiten geboten, bis hin zur Solo-Ausstattung mit drehbarem Beifahrersitz, Flachbildfernseher, zusätzlichen Schränken und Komfortbett mit hochstellbarem Rückenteil. Kaffeemaschine und Mikrowelle gibt’s ebenfalls als Einbaulösung ab Werk. Einzig ein richtig großer Tisch fehlt noch in der Sammlung. Ansonsten ist alles da, was sich für einen echten Luxus-Liner so gehört.
Messwerte und Daten | |
Dieselverbrauch | l/100 km |
Gesamte Strecke: | 34,6 |
Schwere Teilstücke: | 39,2 |
Leichte Teilstücke: | 30,0 |
Volllast (5 % Steigung): | 94,9 |
Teillast (bei 85 km/h): | k.A. (Baustellen) |
Geschwindigkeit | km/h |
Gesamte Strecke: | 82,8 |
Schwere Teilstücke: | 81,5 |
Leichte Teilstücke: | 84,2 |
Volllast (5 % Steigung): | 65,6 |
AdBlue (l/100 km): | 3,20 (9,2 % vom Diesel) |
steigungsbedingte Schaltungen: | 13 |
Innengeräusch Ebene (85 km/h): | 61,6 dB(A) |
Innengeräusch max. (Steigung): | 63,3 dB(A) |
Fahrgestell/Gewicht | |
Bereifung vorn/hinten: | 315/70 R 22,5 |
Reserverad j/n: | n |
Tankgröße Diesel: | 405+405 Liter |
Tankgroße AdBlue: | 64 Liter |
Federung: | Zwei-Blatt-Parabel/Vier-Balg-Luft |
Rahmenstärke: | 6,5 mm |
Radstand: | 3.700 mm |
Retarder j/n: | j |
Leergewicht vollgetankt, mit Fahrer: | 7.660 kg |
Testgewicht: | 39.600 kg |
Motor | |
Reihensechszylinder (Volvo D13K) mit Turbolader und Ladeluftkühlung, einteiliger Zylinderkopf, vier Ventile pro Zylinder, Common-Rail-Einspritzung | |
Abgasnorm: | Euro 6c |
SCR j/n: | j |
AGR j/n: | j |
Bohrung: | 131 mm |
Hub: | 158 mm |
Hubraum: | 12.777 ccm |
Leistung: | 368 kW (500 PS) bei 1.400 bis 1.800/min |
Max. Drehmoment: | 2.500 Nm bei 1.000 bis 1.400/min |
Motorbremse: | 375 kW bei 2.300/min |
Getriebe/Achse | |
Volvo I-Shift AT2612F, automatisiertes Zwölfgang-Getriebe, Direktgangausführung | |
Übersetzung HA: | 2,64 |
U/min bei 85 km/h (größter Gang): | 1.212 |
Fahrerhaus | |
Volvo FH Globetrotter XL; Schraubenfedern vorn, Luftfederung hinten | |
Außenbreite/-länge: | 2.495/2.225 mm |
Einstiegsstufen: | 3 |
Einstiegshöhe: | 1.540 mm |
Scheibe/Rückwand: | 2.060 mm |
Innenhöhe vor Sitz: | 2.030 mm |
Innenhöhe Mitte: | 2.105 mm |
Höhe Motortunnel: | 90 mm |
Liege unten (B x L): | 650-955 x 2.140 mm |
Liege oben (B x L): | – |
