Still going strong: 30 Jahre Volvo FH
Das Jahr 1993 markiert die Geburtsstunde des Volvo FH – und damit den Beginn einer bis heute andauernden Erfolgsgeschichte. Dass die Schweden zum Ende einer Rezession hin einen großen Wurf wagten, erwies sich schnell als die genau richtige Entscheidung: Kaum, dass sich Wirtschaft und Transportsektor wieder erholten, konnte Volvo mit dem wohl modernsten Lkw seiner Zeit aufwarten.
Vom technischen Standpunkt zielte die Neukonstruktion zunächst einmal auf die Kostenseite: mit kraftstoffsparender Aerodynamik (die stark geneigte Frontscheibe sollte noch lange ein Markenzeichen des FH bleiben) und, pünktlich zum Start von Euro 1, einem neu entwickelten Zwölfliter-Motor mit elektronisch geregelter Pumpe-Düse-Einspritzung und außergewöhnlich starker Motorbremse (Volvo Engine Brake, VEB). Adressaten waren aber nicht nur die Unternehmer: Mehr als 1.500 Fahrer ließ Volvo am Erprobungsprozess teilnehmen, was in einem – für damalige Verhältnisse – sehr komfortablen Fahrerhaus mit hohem Bedien-, Fahr- und Wohnkomfort resultierte.
Harter Schnitt im Jahr 2012
In den folgenden 20 Jahren wurde dann zwar der Innenraum und das Design mehrfach überarbeitet, die Rohkarosserie überstand die Zeit aber nahezu unangetastet. Die Highlights fanden vielmehr unter dem Blechkleid statt, mit Stichworten wie elektronisch geregelte Scheibenbremsen ab 1998, elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP) und automatisiertes I-Shift Getriebe ab 2001, Abstandsregeltempomat ab 2003 sowie 12,8-Liter-Motor D13 mit nochmals verstärkte Motorbremse VEB+ ab 2006.
Abermals einen großen Wurf wagte Volvo dann 2012: Bei der Entwicklung der vierten FH-Generation blieb kaum ein Stein auf dem anderen, deutlich sichtbar an den komplett neuen Fahrerhäusern mit jetzt fast senkrecht stehender Frontscheibe. Zwar blieb es beim bestehenden Motorenprogramm, doch kamen Innovationen und Neuerungen nun Schlag auf Schlag. Ob Einzelradaufhängung vorne (die sich allerdings nicht so recht durchsetzen konnte), elektrisch unterstützte Lenkung (Volvo Dynamic Steering), vorausschauender „I-See“-Tempomat, Doppelkupplungsgetriebe (I-Shift Dual Clutch) oder nicht zuletzt die vollintegrierte Standklimaanlage „I-Park Cool“: Die Schweden rüsteten in immer kürzeren Abständen nach.
In jüngerer Vergangenheit setzten die enorm drehmomentstarken Turbocompound-Varianten des D13-Motors weitere Ausrufezeichen, kombiniert mit nochmals verfeinerter Hard- und Software der automatisierten Getriebe. In die Armaturen hielten digitale Instrumente Einzug, dazu eine Fülle neuer Sicherheitssysteme, beispielsweise Notbremsassistent, Spurwächter mit aktivem Lenkeingriff, Radar- und Kamera-basierte Nahbereichsüberwachung, Türöffnungswarner (signalisiert von hinten herankommende Fahrzeuge oder Fußgänger), intelligenter Geschwindigkeitsassistent, adaptives Fernlicht und eine (zeitlich unbegrenzte) Auto-Hold-Funktion.
Längst hat auch das Thema alternative Antriebe Fahrt aufgenommen. 2017 trat der Volvo FH LNG auf den Plan, mit (Bio-)Methan als Kraftstoff und einer kleinen Menge Diesel als Zündquelle. Einer der großen Vorteile gegenüber lupenreinen Gasmotoren: Mit der Auslegung als Selbstzünder bleibt die volle Motorbremsleistung erhalten. 2021 folgte der serienreife FH BEV mit batterieelektrischem Antrieb, der seither in immer mehr Varianten zur Wahl steht, und auch in Richtung Wasserstoff geht die Reise weiter: Die ersten FH FCEV mit Brennstoffzellen befinden sich gegenwärtig in der Erprobung und sollen in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts verfügbar sein. Scheint ganz so, als sei die Geschichte des Volvo FH noch lange nicht zu Ende erzählt.