DAF XF 480 Space Cab

Experten-Test DAF XF 480: Probier´s mal mit Gemütlichkeit

von | 1. Juli 2018

Ein langjähriges Erfolgsmodell mit kurzem Namen: der DAF XF. Die jüngste Generation hat zwar an Temperament eingebüßt, ist aber umso sparsamer unterwegs.
Foto: DAF

Mit der jüngsten, 2017 vorgestellten Generation will DAF die XF-Erfolgsgeschichte fortschreiben.

Bei der Van Doorne’s Aanhangwagen Fabriek, kurz DAF, hätte man vermutlich nichts dagegen, 2019 nahtlos ans Vorjahr anzuknüpfen. Ein neues Rekordergebnis mit europaweit 16,5 Prozent Marktanteil, stärkste Importmarke in Deutschland: Zum 90-jährigen Jubiläum (Hub van Doorne eröffnete seine Werkstatt 1928) lief es zuletzt wie am Schnürchen. Und so ganz nebenbei durfte sich die jüngste Generation des XF mit dem Titel des „International Truck of the Year 2018“ schmücken.

Als aktueller Vertreter tritt ein XF 480 mit 12,9-Liter-Motor und mittelhoher Space Cab zum Test an. Grundtenor: Gehobener Flottenstandard. Markant springt die neu gestaltete äußere Sonnenblende ins Auge, an der DAF aus optischen und aus strömungstechnischen Gründen gleichermaßen festhält. Die weiteren aerodynamischen Maßnahmen: Verringerte Spaltmaße mit Kunststoffblenden zwischen Kabine und Unterbau, Luftleitelemente in den Radhäusern sowie ein nach oben hin windschlüpfrig abgeschotteter Kühlergrill (bis 480 PS, beim 530-PS-Motor des höheren Luftbedarfs wegen weiter offen).

Foto: LZ Media

Den 12,9 Liter großen MX-13-Motor bietet DAF mit 428, 483 (wie im Testwagen) und 530 PS an.

Zu innermotorischen Feinarbeiten an den MX-11 und MX-13-Motoren addieren sich bedarfsgerecht geregelte Öl-, Kühlwasser- und Lenkpumpen, automatisierte Traxon-Getriebe von ZF und eine neue lange Hinterachsübersetzung von 2,21 zu Eins. Jene ist im Testwagen ebenfalls verbaut, was mit 315/70er Reifen nur 1.015 Umdrehungen bei 85 km/h bedeutet. Damit hat sich dann auch die Grundeinstellung der Niederländer drastisch gewandelt: Galt bei früheren DAF-Tests meist unverhohlen die Devise, „wenn schon nicht die sparsamsten, dann wenigstens die schnellsten“, so sieht das heute anders aus. Die Marschroute sieht den konsequenten Einsatz des Eco-Modus vor, verbunden mit möglichst großzügigem Unterschwinger beim vorausschauenden PCC-Tempomaten.

Ganz so gemächlich wie bei einem zuletzt getesteten CF 450 mit werksseitig empfohlenem Schwellenwert von -10 km/h wollten wir es diesmal zwar nicht angehen lassen, aber selbst mit „nur“ -7 km/h leidet das Tempo doch spürbar. Denn letztlich ist es vergleichsweise egal, wie gemütlich die Elektronik im Gefälle ausrollen oder am Berg über die Kuppe ziehen lässt, viel gravierender ist die generelle Schaltstrategie auf schweren Strecken: Hohe Drehzahlen scheut der Getrieberechner wie der Teufel das Weihwasser, so dass nicht nur die erste Schaltung von zwölf in elf, sondern auch die weiteren teilweise erst bei unter 1.000 Umdrehungen erfolgen. Somit steht am Ende eine rund 1,5 bis 2 km/h geringere Durchschnittsgeschwindigkeit als bei sonstigen Kandidaten aus der 480-PS-Liga zur Buche.

"Multi-Torque" sorgt für mehr Drehmoment im größten Gang

Im Gegenzug zählt der XF 480 mit 33,4 Liter Diesel und 1,75 Liter AdBlue zu den sparsamsten Vertretern. Insbesondere liegen die Werte auf flacher und leicht hügeliger Strecke mit insgesamt klugem Einsatz des Ecoroll-Freilaufs auf niedrigem Niveau. Apropos: Ecoroll ist im XF nur mit Tempomat und nicht mit Gasfuß aktiv – gut so. Gefühlt gibt der PCC-Tempomat beim Ausrollen an eine Steigung heran aber zu spät wieder Gas (ein Angasen über die Setzgeschwindigkeit hinaus ist sowieso nicht vorgesehen), und dass im Eco-Modus keine manuellen Eingriffe möglich sind, sollte DAF ebenfalls überdenken. Zumindest im größten Gang steht das lange Ziehenlassen außerhalb der Kritik: Dank „Multi-Torque“ liegen mit direktem Durchtrieb (oder gegebenenfalls auch mit Overdrive) statt 2.350 Nm Drehmoment satte 2.500 Nm an, und das hinunter bis 900 Touren.

An Kraft mangelt es dem 12,9 Liter großen MX-13 also nicht, dafür steht der Reihensechszylinder auch auf der Waage gut im Futter: Rund 1.270 Kilogramm sind aufgerufen, das sind vier Zentner mehr als beim 10,8 Liter großen MX-11, der es im XF immerhin auch auf bis zu 450 PS und 2.200 Nm (2.300 mit Multi-Torque) bringt. Allerdings bedeuten die 7.455 Kilogramm, die für den Testwagen zu Buche stehen, in dieser Hubraum- und Fahrerhausklasse noch immer einen günstigen Wert. Dabei hat DAF zwar auf einen Retarder verzichtet, ansonsten aber keine Abstriche beim Fahrkomfort in Kauf genommen. Statt der leichten Ein-Blatt-Feder ist vorn die serienmäßige Zwei-Blatt-Variante eingebaut, dazu eine Vier-Balg-Luftfederung an der Hinterachse und eine luftgefederte Fahrerhausaufhängung – so soll es sein.

Foto: DAF

Viel Leder und schicker Farbton „Cognac“: Die neue „Exclusive Line“ für den DAF XF.

Auf der Autobahn wie auf dem Landstraßen-Handlingkurs hinterlassen Lenkung und Federung einen guten Eindruck, zudem sind am Lenkrad wenig Vibrationen spürbar und die Spiegel flattern nicht. Und letztlich ist der fehlende Retarder mit der Kompressionsbremse MX Engine Brake, die es auf über 500 Brems-PS bringt und laut DAF nur rund 15 Kilogramm zusätzlich beisteuert, in den meisten Fällen vertretbar. Trotz PCC-Tempomat empfiehlt es sich aber, vor längeren Gefällstrecken direkt mit dem Lenksäulenhebel maximale Bremsleistung (MX-Brake plus Auspuffklappe) abzurufen. Ansonsten neigt die Elektronik dazu, die Fuhre erst einmal über die voreingestellte Schwungspitze laufen zu lassen (im Test die üblichen 85+5 km/h) und danach wieder „einzufangen“.

Foto: LZ Media

Große Klappe, kleine Luke: Dieses leichte Manko bleibt den XF-Häusern erhalten.

Die Einfüllstutzen finden sich vorne sauber aufgereiht in einer Höhe, einen Ölstab gibt es aber nur noch direkt am Motor. Beachtlich sind die langen Wartungsintervalle von bis zu 200.000 Kilometern, die DAF im Fernverkehr unter bestimmten Vorgaben (vor allem hinsichtlich Ölqualität) einräumt. Abgesehen von neuen Dekor-Varianten präsentiert sich die Innenausstattung weitgehend auf dem Stand des Modellwechsels 2012/2013. Ein Dreh-/Druckknopf für die dimmbare Innenbeleuchtung sowie eine verbesserte Heizungs- und Klimaregelung (inklusive Restwärmepumpe und neuem Klimakompressor) sind die auffälligsten Neuerungen. Wer weiter forscht, entdeckt im Display noch einige zusätzlich eingeführte Menüpunkte, etwa zu Lenk- und Ruhezeiten oder der Reifendrucküberwachung (seit Herbst 2017 endlich auch bei DAF lieferbar).

Kleiner Wermutstropfen: Bei Sonneneinfall ist das Display nicht immer gut lesbar und die Anzeigen am unteren Rand, zum Beispiel für die Außentemperatur, sind ohne leichte Verbeugung am Lenkrad vorbei kaum zu erkennen. Alleinfahrer würden sich vermutlich noch über Schränke an der Rückwand freuen, hier muss DAF aber passen. Was bleibt, ist der freie Zubehörhandel. Sauer aufstoßen dürfte das aber sicherlich kaum einem potentiellen Käufer. Unterm Strich lassen die Testwerte und Fahrerhaus-Eckdaten des XF 480 Space Cab vielmehr vermuten, dass die aktuelle Generation des XF die Erfolgsgeschichte der Baureihe weiter fortschreiben wird. Auch wenn der Sturm und Drang früherer Tage einer eher gelassenen Gemütlichkeit gewichen ist.

Messwerte und Daten
Dieselverbrauch l/100 km
Gesamte Strecke: 33,4
Schwere Teilstücke: 38,2
Leichte Teilstücke: 28,5
Volllast (5 % Steigung): k.A. (Baustelle)
Teillast (bei 85 km/h): 20,8
Geschwindigkeit km/h
Gesamte Strecke: 81,1
Schwere Teilstücke: 79,8
Leichte Teilstücke: 82,6
Volllast (5 % Steigung): k.A. (Baustelle)
AdBlue (l/100 km): 1,75 (5,24 % vom Diesel)
steigungsbedingte Schaltungen: 29
Innengeräusch Ebene (85 km/h): 63,0 dB(A)
Innengeräusch max. (Steigung): 65,2 dB(A)
Fahrgestell/Gewicht
Bereifung vorn/hinten: 385/55 R 22,5 / 315/70 R 22,5
Reserverad j/n: n
Tankgröße Diesel: 430 Liter
Tankgroße AdBlue: 90 Liter
Federung: Zwei-Blatt-Parabel/Vier-Balg-Luft
Rahmenstärke: 6,0 mm
Radstand: 3.600 mm
Retarder j/n: n
Leergewicht vollgetankt, mit Fahrer: 7.530 kg
Testgewicht: 39.550 kg
Motor
Reihensechszylinder (Paccar MX-13) mit variablem Turbolader (VTG) und Ladeluftkühlung, einteiliger Zylinderkopf, vier Ventile pro Zylinder, Common-Rail-Einspritzung
Abgasnorm: Euro 6
SCR j/n: j
AGR j/n: j
Bohrung: 130 mm
Hub: 162 mm
Hubraum: 12.902 ccm
Leistung: 355 (483 PS) bei 1.600/min
Max. Drehmoment: 2.350 Nm bei 900 bis 1.365/min; 2.500 Nm bei 900 bis 1.125/min im 12. Gang
Motorbremse: 370 kW bei 2.300/min
Getriebe/Achse
ZF Traxon 12 TX 2210 DD, automatisiertes Zwölfgang-Getriebe, Direktgangausführung
Übersetzung HA: 2,21
U/min bei 85 km/h (größter Gang): 1.015
Fahrerhaus
DAF XF Space Cab, Vier-Punkt-Luftfederung
Außenbreite/-länge: 2.490/2.250 mm
Einstiegsstufen: 3
Einstiegshöhe: 1.480 mm
Scheibe/Rückwand: 2.050 mm
Innenhöhe vor Sitz: 1.865 mm
Innenhöhe Mitte: 1.730 mm
Höhe Motortunnel: 150 mm
Liege unten (B x L): 700-800 x 2.210 mm
Liege oben (B x L):

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