Experten-Test DAF CF 450: Ein Meister seines Fachs
Fast jede sechste in Deutschland neu zugelassene Sattelzugmaschine stammt mittlerweile von DAF: Die Niederländer notieren aktuell bei 15,9 Prozent Marktanteil. Dass mit der Neuauflage der schweren Baureihen CF und XF dieser Wert noch steigen soll, versteht sich von selbst. Vorgestellt wurde jene Neuauflage vor ziemlich genau einem Jahr, mit einem klaren Fokus auf Wirtschaftlichkeit und Verbrauch: Gefeilt hat DAF gleichermaßen an der Aerodynamik, am Antriebsstrang und am Gewicht.
Wie das im Ergebnis konkret aussieht, demonstriert ein CF 450 mit 10,8-Liter-Motor MX- 11 und Spacecab-Fahrerhaus. Als Vertreter der neuen Generation ist die Zugmaschine sofort an der neu gestalteten äußeren Sonnenblende zu erkennen, etwas subtiler aber auch am neuen Endschalldämpfer. Die kompakte Box mit integrierter Abgasnachbehandlung spart Bauraum und Gewicht, laut DAF rund einen Zentner. Mit einer Reihe weiterer Maßnahmen, etwa den Batterien im Heck, bleibt am Rahmen Platz für bis zu 1.500 Liter Diesel. Außerdem sollen die 4×2- Varianten unterm Strich rund 100 Kilogramm abgespeckt haben. Das passt, denn gegenüber einem vergleichbar ausgestatteten CF 440, der vor rund drei Jahren die Testrunde absolvierte, liegt das Leergewicht ziemlich genau zwei Zentner niedriger. Nur knapp sieben Tonnen bringt das Testfahrzeug somit auf die Waage, in dieser Fahrzeugklasse ein günstiger Wert. Sollen die Pfunde noch weiter purzeln, hat DAF die CF „Lightweight“ Modelle im Angebot, unter anderem mit leichten, aber nicht ganz so komfortablen Ein-Blatt-Federn an der Vorderachse.
Das Testfahrzeug weist vorne Zwei-Blatt-Federn auf, dazu vier Luftfederbälge hinten und eine Vier-Punkt-luftgefederte Kabine, was in der Summe eine gelungene, straffe Gesamtabstimmung ergibt. Zusammen mit der direkten Lenkung und der Sitzposition nah zur Straße – der Kabinenboden liegt nur in rund 1,20 Meter Höhe – sind Spurtreue, Fahr- und Kurvenverhalten ebenfalls tadellos. Das griffige Lederlenkrad und der sehr bequeme, belüftete Sitz tragen in der Luxusausstattung ebenfalls ihr Scherflein bei. Ein absoluter Leisetreter ist der DAF zwar immer noch nicht, aber auf der Autobahn ist die Geräuschkulisse doch deutlich niedriger als zuvor. Das wiederum geht in erster Linie auf das Konto der langen Achsübersetzung von 2,21 zu Eins, die bei Marschtempo 85 km/h im größten Gang und mit 315/70er Bereifung lediglich 1.015 Umdrehungen diktiert.
Dies ist ein weiterer Grundbaustein im DAF´schen Spritspar-Konzept: Runter mit der Drehzahl. Im Gegenzug haben die MX-Motoren eine Überarbeitung erfahren, die auch eine Drehmomentüberhöhung („Multi Torque“) im größten Gang beinhaltet. Der 450er ist somit der direkte Nachfolger des erwähnten CF 440, mit 449 statt 435 PS und bis zu 200 Nm mehr (2.200 plus 100 Nm im 12. Gang gegenüber 2.100 Nm beim 440er). Zu den innermotorischen Feinarbeiten addieren sich außerdem verbrauchsmindernde Maßnahmen wie bedarfsgerecht geregelte Öl-, Wasser- und Lenkpumpen.
Multi Torque hin oder her, mit langer Achse und entsprechend geringen Drehzahlreserven ist der CF 450 wahrlich kein Gipfelstürmer. Zumal der von DAF empfohlene Eco-Modus konsequent auf niedrigste Drehzahlen setzt. In Steigungen hält die Elektronik den 12. Gang regelmäßig bis runter auf 900 Umdrehungen und die weiteren Schaltungen erfolgen bei knapp 1.000 Touren auch nicht viel früher. Somit liegt das Durchschnittstempo am Ende auf sehr bescheidenem Niveau, der Dieselverbrauch mit knapp 33 Liter dafür umso günstiger. AdBlue wird anteilig in Höhe von 5,8 Prozent vom Diesel fällig, umgerechnet 1,9 Liter. Das sind knapp 2 Prozent beziehungsweise 0,7 Liter mehr als zuvor, bei freilich drastischem Preisvorteil von AdBlue gegenüber Diesel. Weiterer Bestandteil des Spritspar-Konzepts sind maximal ausgereizte Ecoroll-Phasen bis 10 km/h unter die gesetzte Tempomatgeschwindigkeit. Auf schwach befahrener Autobahn ist das ja noch vertretbar, bei dichtem Verkehr und erst recht auf der Landstraße sollte man den Unterschwinger aber dann doch weiter in Richtung Null verstellen, um nicht zum Verkehrshindernis zu mutieren.
Mit Einführung der ZF Traxon-Getriebe hat DAF auch den vorausschauenden PCC-Tempomat neu justiert. Einen ständigen (und nervigen) Wechsel zwischen Gasgeben und Rollenlassen auf minimal hügeliger Strecke gibt es nicht mehr, außerdem geht das Aus- und Einkuppeln sehr sachte und kaum spürbar vonstatten. Auch von der Drehmomentreduzierung in den ersten elf Gängen und einem „Angasen“ vor Steigungen hat sich DAF verabschiedet, wobei die Geländeerkennung aber dennoch eine Rolle spielt: Führt das Ecroroll-Gleiten bis knapp vor die nächste Steigung, legt die Getriebesoftware aus dem Leerlauf heraus gleich den 11. Gang ein. Auf einer Strecke, die wie der Testparcours in weiten Teilen einer Berg- und Talbahn ähnelt, wird so zumindest die eine oder andere Schaltung beziehungsweise Zugkraftunterbrechung gespart. Gut gelöst ist außerdem, dass Ecoroll nur mit Tempomat oder gesetztem Limiter aktiv ist, nicht aber beim normalen Fahren mit Gasfuß.
Ohne Retarder rückt beim Testfahrzeug die MX-Motorbremse in den Fokus, die sich am Lenksäulenhebel in drei Stufen abrufen lässt. Beim MX-11 weist die Kompressionsbremse nun einen fülligeren Leistungsverlauf sowie in der Spitze (bei 2.100 Umdrehungen) 20 Brems-PS zusätzlich auf. In der Praxis zeigt sich aber hier ebenfalls die lange Achsübersetzung: Soll es auf Autobahn und Landstraße mit den üblichen 90 beziehungsweise 70 km/h bergab gehen, ist jeweils bei rund 1.800 Umdrehungen im 10. beziehungsweise 9. Gang Schluss – eine weitere Abwärtsschaltung würde weit in den roten Bereich führen. Da hilft es bei sehr langen Gefällstrecken nur, das Tempo strikt auf 80 beziehungsweise 60 km/h zu begrenzen und manuell noch einen Gang bis auf knapp 2.100 Touren nachzulegen. Ansonsten geht es nicht ohne zahlreiche Beibremsungen und einen ständigen Blick auf den Tacho ab. Zwar soll bei versehentlichen Übergeschwindigkeiten ab 91 km/h nach rund 45 Sekunden im Display eine Warnung erscheinen, im Testwagen hat das aber nicht funktioniert – DAF geht dem Problem auf den Grund. Bereits jetzt gut gemacht: Wird im Gefälle bis unter die Setzgeschwindigkeit beigebremst, fliegt der Tempomat raus, ansonsten bleibt er drin.
Aufgewertet hat DAF die CF-Häuser mit einem praktischem Dreh-/Druckknopf für die dimmbare Innenbeleuchtung sowie einer verbesserten Steuerung von Standheizung und Klimaanlage (jetzt mit Restwärmepumpe und neuem Klimakompressor). Je nach Ausführung ist wie beim Testwagen auch ein Schalter für den „Silent Mode“ an Bord, mit dem die Geräuschentwicklung auf maximal 72 dB(A) begrenzt wird, zum Beispiel für Anlieferungen in lärmsensiblen Bereichen. Die Grundlage bilden eine spezielle Motorsoftware mit Drehzahlbegrenzung und veränderten Schaltpunkten sowie eine Schallschutzverkleidung am Getriebe. Die Kabine präsentiert sich ansonsten fast unverändert, einschließlich der geteilten Seitenscheiben sowie dem bescheidenen (und einzigen) Außenstaufach auf der Fahrerseite. Auch eine praktische Kurbel zur Verstellung des Dachspoilers spendiert DAF weiter nur dem XF.
Dagegen bedingen sich der niedrige Einstieg und der 44 Zentimeter hohe Motortunnel naturgemäß gegenseitig. Der Durchstieg zur Seite bleibt somit mühsam, zumal sich zum Feierabend die Lenksäule nicht steil nach vorne stellen lässt. 1,80 Meter Stehhöhe selbst noch auf der Motorkiste, eine bis zu 70 Zentimeter breite und 15 Zentimeter dicke Federkernmatratze sowie mehr als ein halber Kubikmeter geschlossener Stauraum sind in dieser Fahrzeugklasse aber sehr beachtlich. Bei 44 Zentimeter Abstand von Motorkiste bis Oberkante Matratze lässt es sich auf dem Bett bequem sitzen, aber leider gibt es vis-à-vis keinen Ausziehtisch wie im XF. Auch vorm Beifahrer sucht man vergeblich: Hier haben die (Schmelz-)Sicherungen ihren Platz. Auch bei den Aufstiegen gibt sich der CF sparsam: Die Seitenspoiler lassen sich nicht einklappen, sind dafür sowieso ziemlich kurz, und zum Scheibenputzen ist eine mitgelieferte Teleskopstange erste Wahl. Ein gesunder Pragmatismus steht DAF aber ohnehin seit jeher gut zu Gesicht – der aktuelle CF macht da keine Ausnahme.
Dieselverbrauch | l/100 km |
Gesamte Strecke: | 32,9 |
Schwere Teilstücke: | 37,2 |
Leichte Teilstücke: | 28,6 |
Volllast (5 % Steigung): | 94,8 |
Teillast (bei 85 km/h): | 21,0 |
Geschwindigkeit | km/h |
Gesamte Strecke: | 79,6 |
Schwere Teilstücke: | 77,8 |
Leichte Teilstücke: | 81,5 |
Volllast (5 % Steigung): | 63,7 |
AdBlue (l/100 km): | 1,91 (5,8 % vom Diesel) |
steigungsbedingte Schaltungen: | 35 |
Innengeräusch Ebene (85 km/h): | 64,0 dB(A) |
Innengeräusch max. (Steigung): | 67,5 dB(A) |
Fahrgestell/Gewicht | |
Bereifung vorn/hinten: | 385/55 R 22,5 / 315/70 R 22,5 |
Reserverad j/n: | n |
Tankgröße Diesel: | 340 Liter |
Tankgroße AdBlue: | 45 Liter |
Federung: | Zwei-Blatt-Parabel/Vier-Balg-Luft |
Rahmenstärke: | 6,0 mm |
Radstand: | 3.600 mm |
Retarder j/n: | n |
Leergewicht vollgetankt, mit Fahrer: | 7.055 mm |
Testgewicht: | 39.130 mm |
Motor | |
Reihensechszylinder (Paccar MX-11) mit variablem Turbolader (VTG) und Ladeluftkühlung, einteiliger Zylinderkopf, vier Ventile pro Zylinder, Common-Rail-Einspritzung | |
Abgasnorm: | Euro 6 |
SCR j/n: | j |
AGR j/n: | j |
Bohrung: | 123 mm |
Hub: | 152 mm |
Hubraum: | 10.837 ccm |
Leistung: | 330 kW (449 PS) bei 1.600/min |
Max. Drehmoment: | 2.200 Nm bei 900 bis 1.400/min; 2.300 Nm bei 900 bis 1.125/min im 12. Gang |
Motorbremse: | 340 kW bei 2.100/min |
Getriebe/Achse | |
ZF Traxon 12 TX 2210 DD, automatisiertes Zwölfgang-Getriebe, Direktgangausführung | |
Übersetzung HA: | 2,21 |
U/min bei 85 km/h (größter Gang): | 1.015 |
Fahrerhaus | |
DAF CF Space Cab; Vier-Punkt-Luftfederung | |
Außenbreite/-länge: | 2.260/2.200 mm |
Einstiegsstufen: | 2 |
Einstiegshöhe: | 1.200 mm |
Scheibe/Rückwand: | 2.050 mm |
Innenhöhe vor Sitz: | 2.220 mm |
Innenhöhe Mitte: | 1.780 mm |
Höhe Motortunnel: | 440 mm |
Liege unten (B x L): | 600-700 x 2.060 mm |
Liege oben (B x L): | – |
